Dienstag, 28. August 2007
Die Grenze zu Albanien passieren wir ohne große Probleme. Bei der Passkontrolle sagt der Beamte plätzlich:"Ahhhh. Austria!" Ich nicke mit einem Lächeln. Dann sagt er:"I know Austria. I know Adolf Hitler!" Mein Lächeln verfällt auf einmal zu einem offenen Mund und mit einer angewiderten Grimasse nehme ich meinen Pass entgegen. Diesen menschenverachtenden Verbrecher kennt wirklich jeder auf der ganzen Welt. Scheußlich!
Wir fahren weiter über Shkoder nach Velipoje, wo wir eine Unterkunft für die Nacht suchen. Christian bleibt bei den Bikes, heute bin ich an der Reihe mit fragen. Ich gehe in ein halb fertig gebautes Hotel zur, naja, sagen wir mal Rezeption. Der Herr zeigt mir das Zimmer, im fünften Stock gelegen. Na super und es gibt keinen Aufzug. Ich stapf ihm also nach, voll angezogen und mit Schweißperlen auf der Stirn. Mich stört es ansich ja nicht, dass das Stiegenhaus offen ist, zumindestens nicht in den ersten beiden Stockwerken. Hier ist ja immerhin eine Absturzsicherung in Form eines Kabels, das von einer Mauer zur anderen gespannt ist, vorhanden. Im dritten Stock stehen zumindestens noch Blumen an der Absturzkante, im vierten und fünften gibt es nichts mehr, ausser Luft. Ich muss lachen, schließlich habe ich in den vergangenen eineinhalb Jahren bei einem Architekten gearbeitet. Das Zimmer ist ansich recht sauber, allerdings sehr teuer. Ich bedanke mich, dreh am Absatz um und gehe mit einem Grinser im Gesicht zu Christian zurück. Als ich ihm die Sache mit der Absturzsicherung erzähle, muss auch er lachen. Dann gehe ich zum Hotel "London" um nach einem Nachtquartier zu fragen. Hier ist es wesentlich besser und wir können auch unsere Bikes direkt vor der Tür parken.
Nach dem Einchecken gehen wir noch an den Strand, der laut dem Manager des Hotels, einem 19-jährigen Mann, der mit Ruderleiberl, 3/4 Hose und Flip-Flops bekleidet ist, seeeehhhhhr schön sein soll. Also bitte.
Also hier möchte ich nicht mal nach einer Hepatitis Impfung schwimmen gehen. Wuuuuhaaaaaa. Überall liegt Mist. Wirklich überall. Ganz Albanien verfügt über kein funktionierendes Entsorgungssystem.
Abends gehen Christian und ich noch in ein Internetcafé um die Nachrichten von zu Hause zu lesen. Wir gehen nahe dem Strand in einem Restaurant essen. Der Kellner versichert uns 100%ig albanisches Essen, welches total super schmeckt, jedoch wie bei uns zu Hause. Naja, es wird nicht so viele Variationen von Grillkotelette geben. Danach suchen wir noch ein Plätzchen um genüßlich ein Bierchen zu zwitschern und verlaufen uns im stockfinsteren Wald, war ja klar. Also alles wieder retour. Im Hotel lädt uns die Eigentümerin des Hotels, Rita aus London, zu einem Bierchen ein. Somit ist auch dieser Abend gerettet! Hier die Daten: Hotel London, 41°51,938'N 19°25,438'E, € 15,00 pro Person, Motorradparkplatz direkt vor der Türe zur Rezeption
Mittwoch, der 29. August 2007
Am nächsten Morgen stehe ich auf und will meine Wäsche zusammenlegen. Ich war viel zu tot gestern um noch Wäsche zu waschen. Hier sieht man, dass diese Reise kein Spaß, sondern pure Anstrengung war. Aber es hat ja keiner gesagt, dass das ein Kindergeburtstag wird ;o)
Nach dem Packen noch schnell das Zimmer fotografieren und ab gehts zum Frühstück. Wir bekommen Wurst, Eier und Kaffee. Bis jetzt hat uns Montezumas Rache, Gott seis gedankt, noch nicht eingeholt. Mal sehen wies nach diesem Ma(h)l wird. Christian meint, wir sollen noch eine Runde mit den Maschinen über den Strand fahren, solange sie noch nicht bepackt sind. Tolle Idee, das wollte ich immer schon machen. Also ab an den Strand, Vollgas und... eingegraben. Nur durch viel Überredungskunst an meine Q und mit der Hilfe eines Einheimischen komm ich wieder frei. Die Kupplung stinkt allerdings gewaltig. Sodala, noch schnell eine (richtige) Kuh fotografieren und dann ab ins Hotel, fertig packen. Zum Abschied gibts noch ein Foto mit Rita und dem Manager, dann fahren wir Richtung Süden, Richtung Tirana.
Albaniens Straßen sind der Hammer. Sowas hab ich nicht mal in Rumänien gesehen. Die Hauptstraßen sind zwar sehr gut, fast schon autobahnähnlich ausgebaut, aber kaum biegt man ab ist das Ende der Welt nicht mehr weit. Der Weg nach Tirana ist verdammt heiß und staubig. Öfters bleiben wir stehen um zu trinken. Mir geht dieses abgepackte Wasser jetzt schon auf den Socken, und wir sind noch gar nicht lange unterwegs. Wir müssen uns in Österreich wirklich glücklich schätzen, einfach den Wasserhahn aufdrehen zu können und das Wasser zu trinken. Kurz vor Tirana, die letzte Pause und dann ab ins Molloch.
Die albanische Hauptstadt hat sehr, sehr wenige Bodenmarkierungen und keine Ampeln die funktionieren. Auf größeren Kreuzungen steht ein (!) Polizist und regelt den Verkehr. Den seinen Job will ich nicht haben, um nichts in der Welt.
Der Weg führt uns nach der Hauptstadt, die wir unbeschadet hinter uns gelassen haben, Richtung Elbesan und der Grenze zu Mazedonien und in weiterer Folge nach Griechenland. Die Straße verläuft entlang der Berge, schneidet sie, überquert sie, manchmal fehlt sie und ein Esel dient als Absturzsicherung, aber sie gibt uns einen kleinen aber sehr schönen Eindruck dieses Landes. Wieder einmal, ich muss es zugeben, bestimmt die Uhr unsere Strecke. Es könnte so viel entspannter sein, würden wir nicht ständig auf die Uhr schauen müssen und sagen: "Nein, mit diesem Einheimischen können wir uns nicht unterhalten, denn wenn wir heute keine 356km mehr fahren, dann sehen wir den Ararat nicht oder wir kommen zu spät nach Hause..." Es ist ein Jammer, wie wenig Zeit einem für gewisse Dinge bleibt. Aber eines kann ich mit Bestimmtheit sagen: hier möchte ich unbedingt wieder her!
Griechenland
Albanien liegt hinter uns. Wow. Wir sind wieder in "Europa". Wolfgang, der Globebiker, sagte einmal zu mir, dass jeder der nach Afrika fährt, vorher in Albanien die Möglichkeit hat, zu üben. Heute verstehe ich ihn. Nur zu gut.
Wir sind heute Abend in Kastoria gelandet und haben in einem Hotel mitten in der Stadt eingecheckt. Ich brauche noch etwas um Albanien zu realisieren und zu verarbeiten. Das war wirklich heftig. Aber kommt Zeit, kommt Rat und morgen geht es zu den Meteora Klöstern, wieder so eine spontane Idee von uns. Frei nach dem Motto:"Hej, das ist ja nur 130 km entfernt, da fahren wir ja eh schon fast vorbei!" Na dann mal los! Am Abend das üblich Programm: Essen, diesmal Fast Food bei Goodys, Bierchen und Heia-Bettchen! Hotel: Hotel Aiolis, 40°31,192'N 21°16,005'E, € 25,00 pro Person, Motorradparkplatz hinter dem Hotel in einem Hof, von Straße nicht gut einsehbar.
Donnerstag, der 30. August 2007
Wir fahren am Vormittag zu den Meteora Klöstern, wo wir Mittags ankommen und gleich ins Restaurant stürzen. Es ist wirklich sehr imposant am Fuße dieser Klöster zu stehen und hinaufzublicken. Aber ich glaube ich lasse die Bilder besser für sich sprechen.
Nach dieser ausführlichen Fotosession, die ohne Zweifel eine tolle Fotostory werden wird, die wiederum durchaus das Zeug hat um mal in die Zeitschrift "Bravo" zu kommen, fahren wir weiter Richtung Thessaloniki (man verzeihe mir etwaige Rechtschreibfehler). Durch die Landschaft, über Autobahnen, durch Orte... Es ist überall gleich. Gleich heiß. Ganz egal ob man steht oder mit 100 über Landstraßen fliegt, jedesmal steht der imaginäre "Freund" vor dir, der mit einem 2500 Watt Fön genau in dein Gesicht zielt. Bei einer Tankstelle gönnen wir uns ein Eis, dass kurz nach herausnehmen aus der Verpackung zu verdampfen beginnt. Physikalische Wunder gibt es also auch hier! Die Tankwärtin meint, dass dies die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten sei. Wir dachten uns soetwas schon... Tja, also wir freuen uns wahnsinnig, als es endlich Abend wird und wir aus diesem Glutnest herauskommen. Doch das ändert seine Gestalt nur und wird zu der verzerrten Fratze, die sich Thessaloniki nennt. Ich denke, jede Stadt hat etwas Schönes. Ich traue mich aber zu behaupten und festzustellen, dieses in Thes nicht gefunden zu haben. Nach viel Industrie, Autobahn, endlos breiten Stadteinfahrten und allem, was zu so einer Erfahrung dazugehört, kommen wir durch Hilfe eines Virago-Fahrers zu einem durchaus nett anmutenden Hotels in, ich schätze mal, der Nähe des Zentrums. Gegenüber ist das Gerichtsgebäude mit angeschlossenem Gefängnis. Das ist es, was ein Biker um 23:00 Uhr nach Stunden im Sattel braucht. Um diese Uhrzeit ein geeignetes Rastaurant zu finden, scheint uns zu kräfteraubend, zumal Thes wirklich groß ist. So entschließen wir uns zu dem Goldenen M zu pilgern, uns dort sinnlos die Bäuche vollzuschlagen und es morgen zu bereuen!
Wir fallen wie Steine in unsere Betten und schlafen mindestens wie ebengenannte. Ich stelle den Wecker auf 9:30 Uhr, damit wir das Frühstück noch erwischen, denn das endet um 10:00 Uhr. Nach gefühlten Sekunden dröhnt der Wecker und reisst uns aus dem Schlaf. Also, gleiches Prozedere wie gehabt: aufwälzen, zusammenpacken, anziehen, zum Früstückssaal gehen, vor bereits geschlossenen Türen stehen und schlussendlich draufkommen, dass in Hellas die Uhr um eine Stunde vorzudrehen ist... Aaaaaaaarghhhh!!! Na gut, was solls. Wir pilgern also die Gefängnisstraße entlang und gehen zu einem Bäcker. Christian ist heute morgen nicht so gut und auch in meinem Magen rumort es. Uns wird doch nicht in Griechenland, einem europäischen Land, Montezumas Rache einholen... Bitte nicht!!!
Freitag, der 31. August 2007
Wir fahren weiter gen Osten. Wir machen Rast an einem einsamen Strand irgendwo in einem für mich heute namenlosen Ort. Ganz alleine teilen wir uns mit ein paar Vögeln und einigen flanierenden Einheimischen die Strandpromenade. Chris hats wirklich erwischt. Er rennt öfters aufs stille Örtchen. Was uns beide stutzig macht, woher das kommt. Von den Pfirsichen bei den Meteora Klöstern? Oder vom Mäci in Thes? Ach keine Ahnung, es ist einfach nur ärgerlich. Mich hats nicht so schlimm erwischt, spüren, das etwas nicht stimmt tue ich aber trotzdem. Ich hab von meinem Hausarzt tolle Durchfalltabletten bekommen. Diese teilen sich Christian und ich, wie ein altes Ehepaar. Ausserdem sind wir auf Cola umgestiegen, Soletti haben wir aber hier keine gefunden. Die Kulinarik der Griechen bleibt heute Mittag mal weg...
Heute machen wir nach wenigen Kilometern und Stunden Fahrt Halt in der Nähe von Kavala, auf dem Campingplatz, bei dem wir das Jahr zuvor Abendgegessen haben. Wir legen einen Nachmittag Pause ein, ich denke es wird gut sein, sich zu erholen. Unsere gestressten und geschundenen Körper denken das selbe und danken es uns mit wiederkehrender Gesundheit! Wir waschen unsere Wäsche, kochen Tee und genießen das Camper-Leben. Weil es heute sehr heiß ist, lasse ich das Überzelt weg und stelle nur das Innenzelt auf. Die Wäsche wollen wir erst nächsten Morgen abnehmen, sie soll ja schließlich gut trocknen. Zum krönenden Abschluss dieses verdauungstechnisch eher schlechten Tages gönnen wir uns ein feines Abendessen in der Taverne, wo sich Christian sogar als Kellner übt. Nicht schlecht, wenn wir mal wo nicht zahlen könnnen ;-)
Samstag, der 01. September 2007
Ach du liebe Sche***! Um 4:00 Uhr des Morgens erweckt mich ein gar schlimmes Geräusch. Dicke Regentropfen klatschen laut auf mein Zelt. Und auf die bereits trockene Wäsche. Ich stürme aus meiner Behausung und wecke Christian, der binnen Sekundenbruchteilen hellwach ist. Wir nehmen unsere Wäsche hastig ab und verstauen sie im Zelt. Dann krame ich das wasserdichte Überzelt aus meiner Gepäckrolle raus und werfe es halbherzig über das Innenzelt. Nachdem es mittlerweile vom Regen in Schütten übergegangen ist, versuche ich es mit dem Ansingen aller Heiligen die mir einfallen und bitte sie, dieses Unwetter rasch vergehen zu lassen. Und siehe da, es dürfte geholfen haben. Ich wache gegen 7:30 Uhr erneut auf und draussen scheint bereits wieder die Sonne. Drückende, feuchte Hitze umgibt uns. Ich hab die letzten Stunden nicht mehr wirklich gut geschlafen, im Gegensatz zu Christian, der mir noch immer etwas vorsägt. Also stehe ich auf und kümmere mich zuerst um mich, dann um meine Wäsche und dann um mein leibliches Wohl. Im Restaurant schaut mich der Wirt etwas verdattert an, was ich um diese Uhrzeit hier mache. Ich bestelle ein Cola und bekomme selbiges von ihm geschenkt. Danke!
Als Christian von den Toten erwacht, preist er meine Tabletten, denn sein Durchfall ist besser geworden und so steht einem Frühstück der Extraklasse nichts mehr im Weg. Wir wollen heute nicht hier essen, sondern weiterfahren und bei unserem Bäcker stehen bleiben. Wir haben ihm extra ein paar Fotos vom letzten Jahr ausgedruckt, die wir ihm geben wollen! So dann!
Es war wirklich nett ihn und seine Frau wiederzusehen. Beim Verabschieden ist er sichtlich gerührt und deckt uns noch mit allen möglichen guten Dingen der Bäckerszunft ein. Manchmal begegnet man auf Reisen Menschen, die etwas Besonderes sind. Und wenn man ganz viel Glück hat, sieht man sie öfters als einmal. So lasse ich auf unseren letzten Kilometern in Griechenland unsere bisherige Strecke nochmals im Kopf ablaufen. Ganz still halte ich für mich kurz inne und bin dankbar dafür, dass ich diese Reise überhaupt machen kann, mit Christian, der ein zuverlässiger Reisepartner und Freund geworden ist und dass bis jetzt alles gut gegangen ist. Das Europa, wie ich es bis dahin kannte liegt jetzt fast hinter uns. Nur mehr die Grenze trennt uns von einem Land, das, so behaupte ich jetzt einmal, zumindest subjektiv gesehen komplett anders ist. Positiv anders. Türkei, wir kommen!!!
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